Oktober 2006 bis Juli 2007
Eine Lehrerin spricht mit zwei Schülern über ein PC-Spiel, das davon handelt, möglichst viele Gegner - im Verband oder alleine - zu eliminieren. Die Schüler nehmen ihre Lehrerin als kompetente Gesprächspartnerin für voll. Wenige Minuten zuvor hat die Lehrerin eben dieses Spiel mit den Schülern gespielt.
Schülerinnen und Schüler leben oft in virtuellen Welten, von denen viele Lehrkräfte keine Ahnung haben. Wenn sie ihre Schüler weiter erreichen wollen, müssen sie sich in diese Welten begeben. Am besten zusammen mit ihren Schülerinnen und Schülern!
"Yourclass @ lab" ermöglichte genau dieses Eintauchen in die neue Lebenswelt von Jugendlichen und sorgte bei teilnehmenden Lehrkräften und ihren Klassen für neue "Schnittstellen".
Verbot ist keine Lösung - Lehrerfortbildung einmal anders...
Vorhaben: Planung und Durchführung eines Fortbildungsmoduls für Lehrkräfte und deren Klassen (8-10) im Themenbereich Kunst und Medien
Zielgruppe: Lehrkräfte der Klassenstufen 8 bis 10 (Regionalschule)
mit ihren entsprechenden Schul- bzw. Kunstklassen
Vorüberlegungen:
Im Vorfeld unserer Planungen wurde deutlich, dass wir gerne ein Modul konzipieren wollten, das "traditionelles" Gestalten mit den schöpferischen Möglichkeiten der Neuen Medien verbindet. Die Neuen Medien sollen nicht im Widerspruch zu einem emotionalen und sinnlichen Kunstunterricht stehen. Wichtig ist uns, das Freizeitverhalten der 8-10 Klässler im Hinblick auf die Neuen Medien zu untersuchen und die Schülerinnen und Schüler dort "abzuholen", wo sie sind. Die Lehrer sollen von den Erfahrungen der Kunst- und Medienpädagogischen Laborschule profitieren, die ergeben, dass der Unterricht mit Neuen Medien gleichermaßen möglich und vielversprechend ist (eine außergewöhnlich hohe Unterrichtsmotivation der Schülerinnen und Schüler auch bildungsferner Schichten zum Beispiel). Die Kunst- und Medienpädagogische Laborschule soll mit diesem Modul einen qualifizierten Beitrag zu aktuellen öffentlichen Diskussion zum Internetkonsum (z. B. Egoshooter) beisteuern, ohne sich in unrealistische Kategorien wie Verbot von Gewaltspielen zu versteigen - die Operation mit dem gehobenen, pädagogischen Zeigefinger erschien uns wenig sinnvoll.
Folgende Praxiserkenntnisse gingen unseren Überlegungen voraus:
1. Das Freizeitverhalten der Jugendlichen im Hinblick auf die Neuen Medien hat sich in der jüngeren Vergangenheit dramatisch geändert. Das Internet hat seinen dominanten Anteil an der Freizeitgestaltung unserer Unterrichtszielgruppe weiter ausgebaut.
2. Umfragen und Erfahrungen nicht nur an unserer Schule bestätigten die Annahme, dass Jungen sich vermehrt zu Online-Rollenspielen hingezogen fühlen, während Mädchen in der Regel lieber chatten.
3. Besonders das Spielverhalten der Jungen weist nicht selten Suchtcharakter auf, die wirkliche Welt tritt zu Gunsten der virtuellen Welt in den Hintergrund. Aber auch Mädchen verbringen mehr Zeit zu Hause, verabreden sich zunehmend virtuell.
4. Die veränderte Lebenssituation heutiger Jugendlicher und vor allem deren exzessiver Internetkonsum hat in den Unterricht noch keinen rechten Eingang gefunden. Der Forderung, dass Schulunterricht etwas mit der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu tun haben sollte, wird im Schulalltag nicht entsprochen. Lehrkräfte haben von der virtuellen Lebenswirklichkeit vieler Schülerinnen und Schüler keinen Schimmer und leben auf einem "anderen Planeten". Zunehmende Entfremdung zwischen Lehrkräften und Schülern ist die Folge.
5. Das Fach Kunst bietet viele bewerte Unterrichtsstrategien, die gewohnte Perspektiven aufbrechen können und bei Schülerinnen und Schülern eine neue, bewusstere Wahrnehmung zum Ziele haben. Diese Strategien der Irritation und der Verfremdung können auch im Hinblick auf den Gebrauch der Neuen Medien spannende Einblicke liefern und Schülerinnen und Schüler dazu bringen, über ihr alltägliches Verhalten mit besonderer Sicht auf deren Internetkonsum nachzudenken.
Team:
Tobias Krieg (Mediengestalter, Kunststudent)
Jan Henningsen (Lehrbeauftragter)
Bengt Busching (Blockpraktikant/Examenskandidat)
Kerstin Nagel (Examenskandidatin)
Björn Vosgerau (Blockpraktikant)
Steffi Wermke (Blockpraktikantin)
Grit Godau (Seminarteilnehmerin)
Robert Kühn